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Janina Huhn, ein echtes Weinstraßenkind

23.01.2015

Nach dem Abitur wollte Janina Huhn erst einmal nur weg aus der Pfalz und Historikerin werden. Das ist sie auch geworden. Doch in der Ferne ist ihr plötzlich klargeworden, was für sie im Leben wirklich zählt: die Familie, ihre Heimat, und vor allem der Wein. Die 25-jährige Einserabiturientin stammt aus einer Weinbaufamilie ohne eigenen Betrieb.


Dass sie nicht wie ihre Vorgängerinnen ausgebildete Winzerin oder studiere Weinbaufachfrau ist, begreift die selbstbewusste Pfälzerin als Chance, das Amt neu zu definieren. Dirndl? Nein, Danke! Auftreten, Eloquenz, Charme und Humor - die 66. Deutsche Weinkönigin hat einfach Spaß auf der großen Bühne.

Vor Janina Huhn dampft ein Teller „Grumbeersupp“, wie die Kartoffelsuppe in Pfälzer Mundart heißt. Es ist Mittag. Sie sitzt mit der Mannschaft vom Weingut Pfeffingen am Esstisch vor einer großen gusseisernen Pfanne mit Dampfnudeln. Die Mitarbeiter des Weinguts greifen herzhaft zu. Janina auch. Zuvor hat sie noch mit angepackt - mit Wasserpistole und Bürste die Stahltanks geschrubbt und den Keller für den Herbst flott gemacht; den neuen Wein mit Kollege Felix verkostet und den Reifegrad der Scheurebe draußen im Wingert für die Beerenauslese begutachtet.

Zupackend ist ihre ganze Art. Ein Kollege scherzt im weichen Pfälzer Singsang am Tisch – Janina lacht. Wenn sie fröhlich ist, ertönt ein lustiges Quietschen. „Es ist fast schon mein Markenzeichen“, sagt Janina und quietscht noch mehr. Janina Huhn. Neue deutsche Weinkönigin. Nummer 66. Seit gut zwei Monaten im Amt. Zwar stammt die 25-Jährige aus einer Weinbaufamilie im pfälzischen Bad Dürkheim.

Doch sie besitzt einen Abschluss als Historikerin und ist nicht wie viele ihrer Amtsvorgängerinnen ausgebildete Winzerin oder studierte Weinbaufachfrau. Nach ihrem Bachelor machte Janina jedoch ein Praktikum im Weingut Pfeffingen und besuchte ein Seminar bei der renommierten "International Wine School" in London.

Dank dieses intensiven Trainings konnte Janina bei ihrer Wahl so selbst die kniffligsten Fachfragen beantworten. Etwa wie der Wein von Trübstoffen geklärt wird und was eine reduktive oder eine oxidative Gärung ist. Die 25-jährige Pfälzerin ist eine hübsche, geschmackvoll gekleidete Frau, die es versteht, druckreif zu reden und die auch vor der Kamera eine große Ruhe ausstrahlt.

In der Endausscheidung in Neustadt an der Weinstraße hat sie vor großem Publikum mit profundem Fachwissen und Souveränität ihre Konkurrenz in den Schatten gestellt. Auftreten, Eloquenz, Charme und Humor – diese Weinkönigin hat einfach Spaß auf der großen Bühne.

Gerade ist sie wieder nach Hause gezogen in die benachbarte Einliegerwohnung der Familie, erzählt Mutter Susanne daheim am Küchentisch, während Janina Familienhund Heinrich am Ohr krault. "Ich habe als Mutter immer darauf geachtet, dass Janina früh selbstständig ist. In diesem Jahr werde ich sie, wo ich kann, unterstützen", sagt Mutter Susanne und fügt schmunzelnd hinzu: "Ausnahmsweise auch wieder ihre Wäsche waschen."

Dass ihre Tochter die Wahl so souverän gewonnen hat, erfüllt die Mutter mit stolz. Überrascht sei sie aber nicht: "Janina steht gerne auf der Bühne. Das hat sie von mir und meinem Mann", sagt Mutter Susanne, eine gelernte Versicherungsangestellte: "Sie ist nie aufgeregt, selbst wenn sie vor einer großen Menge spricht." Geholfen haben ihr sicher ihr Engagement in der Stadtkapelle Bad Dürkheim – Auftritte mit der Querflöte ist sie seit zwölf Jahren gewohnt.

Auch ihr Amt als Bad Dürkheimer Weinprinzessin und als Pfälzer Weinkönigin und die vielen Reden waren eine gute Schule. „Janina hat kein eigenes Weingut im Hintergrund, das sind ganz neue Voraussetzungen, das Amt zu gestalten. Sie ist sehr motiviert. Mit ihrer zupackenden, zielstrebigen Art wird sie ihren Job gut machen“, darin ist sich die Mutter sicher. Janina zeigt ihre Wohnung – im fast fertigen Zustand. Einige Kisten sind auf dem Boden verstreut. Dass sie ein Organisationstalent zeigt sich sofort – zusammen mit Freund Gabriel ging der Umzug an einem Wochenende über die Bühne. Im Schlafzimmer liegt ein ausgepackter Koffer. Gerade kam sie von einer Veranstaltung in der Deutschen Botschaft in Paris zurück.

Im Dienste der heimischen Weine. Und weitere spannende Termine warten bereits auf sie: Messen eröffnen, Weinproben geben, Reden halten. „Die ersten Wochen waren schon sehr intensiv.“ Sagt es und strahlt. Der Deutschen Weinkönigin steht ein taffes Jahr bevor, rund 250 Termine in aller Welt koordiniert das Deutsche Weininstitut für sie. Da bleibt kaum Zeit zum Durchschnaufen. Wie sie das macht, entspannt bleiben bei all dem Stress? „Da hilft mir unser Familienhund Heinrich“, sagt sie. Die beiden spazieren, wenn es die Zeit erlaubt, in den Wald oder in den Wingert, am liebsten am Abend wenn es dämmert und die Weinberge glühen.

Zur Klosterruine Limburg oder zum Römersteinbruch. Mit Mutter Susanne und Oma Uschi steht sie jetzt in der Küche – sie kochen ihr Leib- und Magengericht Gulaschsuppe. Das liebe sie – am Familientisch im Kreis ihrer Familie. „Wir reden über unsere Erlebnisse und trinken ein Glas Wein – das hilft mir immer, herunterzukommen. Mir sind meine Familie und die gemeinsamen Gespräche am Tisch ganz wichtig.“ Janina ist Familienmensch. Sie hat ein gutes Verhältnis zu ihren Geschwistern Paul, 15, und Lena, 16. Und sie liebt es mit Freunden auf Weinfeste zu gehen – ohne sie würde ihr im Leben etwas fehlen. Lebenslustig, verantwortungsbewusst, zielstrebig – so beschreibt ihre Mutter Janina. Einerseits für jeden Blödsinn zu haben, andererseits sehr durchdacht und zielstrebig auf etwas hinarbeitend, so beschreibt Janina sich selbst.

„Wenn mich etwas interessiert, dann will ich das zu 100 Prozent wissen.“ Deshalb studierte die 25-Jährige nach ihrem Einserabitur erst einmal Geschichte, Latein und Philosophie, zunächst in Freiburg, dann in Heidelberg. Ihre Motivation: „Ich wollte wissen, woher wir kommen und warum die Menschheit heute so ist wie sie ist. Da hilft einem Geschichte unwahrscheinlich weiter.“ Schnell hat Janina Huhn in Freiburg aber gemerkt, dass Wein ihr Leben ist und umgeben von Reben zu leben für sie der Inbegriff von Heimat bedeutet. Im Breisgau hat sie vor allem realisiert, woher sie kommt: aus einer weinaffinen Familie.

Ihr Vater ist Weinbautechniker, ihr Stiefvater besitzt ein Weingeschäft. Ihr Freund Gabriel arbeitet als Kellermeister. „Wein war als Thema beim Essen immer präsent.“ Von klein auf war sie mit im Keller vom Winzerverein Deidesheim dabei, wo ihr Vater arbeitet. „Die Gerüche, wenn Lese ist und mein Vater nach Hause kommt, das sind für mich absolute Heimatgerüche. Ich bin ein echtes Weinstraßenkind“, sagt sie. „Eben ein echtes Pfälzer Mädel.“ In der Ferne wurden ihr ihre Wurzeln und die Richtung, die sie beruflich einschlagen möchte, erst richtig klar: „Dort wusste ich, dass mein Weg Richtung Wein führen wird. Es war Liebe auf den zweiten Blick“. Aber eine, die sie mit voller Wucht gepackt hat. So sehr, dass sie sogar ihre Bachelor-Arbeit über Wein schrieb, über das Symposion des Plato.

"Das war Social Drinking in der Antike", sagt Janina: „Es ging darum, die Freundschaft untereinander zu stärken und Beziehungen zu pflegen.“ Ihre Erkenntnis: „Auch wenn die sozialen Bedingungen, unter denen Wein in der Antike konsumiert wurde, völlig anders sind – Wein war damals ein Elitephänomen. Die sozialen Mechanismen, die dahinter stecken, sind gleich geblieben: Es stärkt die Gruppenbildung.“ Heute hat Janina ihr Leben dem Wein verschrieben.

Sie wagt mit 25 den beruflichen Neustart: „Mein Praktikum im Weingut ruht jetzt, da ich Fulltime-Weinkönigin bin. Ich werde in diesem Jahr gucken, wohin sich mein Leben entwickelt. Ich weiß nur eins: Ich will dem Wein treu bleiben. Ihre Lieblingsrebe: „Vor allem die Rieslinge aus Bad Dürkheim sind für mich Heimat im Glas und machen mich einfach glücklich.“ Was sie sich für ihre Amtszeit vorgenommen hat: „Mir ist es wichtig, dass die Weinkönigin als moderne, fachlich und rhetorisch geschulte Business-Frau im Auftrag des Weines wahrgenommen wird.“

Das hat die Pfälzerin bereits als Bad Dürkheimer Weinprinzessin unter Beweis gestellt. „Ich war die erste, die kein Dirndl angezogen hat. Nö!, habe ich gesagt, nicht mit mir! Hauptsache ich kann gute Reden halten.“ Eine Frau der klaren Worte. Eine Frau, die sagt: „I do it my way.“ Die zeigt: Wichtig ist nicht, woher die Weinkönigin kommt. Wichtig ist, was sie kann. Erfrischend selbstbewusst, jung und zeitgemäß. Sie will für Wein begeistern. Die Fähigkeiten dazu das Amt so mit Leben zu füllen, hat Janina Huhn. Sie ist jemand, der umsetzt, was er sich vornimmt. Jetzt muss Janina aber los – der nächste Termin wartet.

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